Handwerk der Reetdachdeckerei

Das Eindecken von Dächern mit Reet – je nach Region auch Ried, Reith, Rohr oder Schilfrohr genannt – ist eine der ältesten Handwerkstechniken beim Hausbau. Die ersten nachgewiesenen Reetdächer gab es bereits um 4000 v. Chr. auf Pfahlbauten am Bodensee.

In Deutschland sind Reetdächer heute überwiegend bei uns im Norden zu finden. Hier wirken sie besonders stil- gebend und identitätsstiftend. Hinzu kommt, dass Reet ein nachwachsender und damit nachhaltiger Rohstoff ist, der für eine natürliche Klimatisierung von Häusern sorgt. Auch international finden sich Beispiele für eine bis heute lebendige Stroh- und Reetdach-Tradition. In England, Holland, Dänemark, Japan und sogar in Südafrika sind derartige Dächer zu finden. Das Dachdecken mit selbst geerntetem Rohr und notwendige Reparaturen erfolgten früher in Eigenleistung durch die Bewohner der Häuser, meist Bauern und Fischer. Im Winter wurde das Rohr „geschoben“ oder „geworben“, zum Trocknen aufgestellt und im Sommer verarbeitet. Das Wissen darüber wurde von Generation zu Generation weitergegeben und die Fertigkeiten und das Können bei der Arbeit erworben.

Die Bewahrung und Weiterentwicklung des Handwerks der Reetdachdecker scheint für die nächste Zukunft gesichert. Heute ist das Reetdachdecker-Handwerk ein Ausbildungsberuf. In Mecklenburg-Vorpommern können Sie fast ganzjährig, besonders auf den Inseln, den Halb- inseln und an der Mecklenburgischen Seenplatte die Reetdachdecker bei ihrer Arbeit beobachten. Überall dort, wo Schilfgürtel stehende Gewässer säumen, wird dieser hervorragend isolierende Rohstoff seit Jahrhunderten genutzt. Inzwischen darf nur noch etwa 10% des in Deutschland verarbeiteten Reets im Inland geerntet werden. Es haben sich Handelsstrukturen entwickelt, die den gestiegenen Bedarf durch Importe decken.